BERLIN (awp international) - Die krisengeplagte Baubranche kann vorerst nicht mit zusätzlichen Finanzhilfen der Bundesregierung rechnen. Sowohl Bauministerin Klara Geywitz als auch Finanzminister Christian Lindner machten beim Tag der Bauindustrie am Mittwoch in Berlin klar, dazu sei der Haushalt einfach zu klein. Stattdessen sollen Genehmigungen schneller erteilt und Vorschriften gestrichen werden, die das Bauen teurer machen.
Wegen der höheren Kreditzinsen und teurer Baumaterialien steckt die Branche seit zwei Jahren in einer Krise. Die Unternehmen klagen über fehlende Neuaufträge und Stornierungen bereits geplanter Projekte. 2022 und 2023 wurden jeweils nur rund 295 000 Wohnungen fertiggestellt. Eigentlich hat sich die Ampel-Regierung 400 000 Wohnungen jährlich vorgenommen.
Bundeskanzler Olaf Scholz sieht deswegen einen dringenden Handlungsbedarf. Nötig sei "Neubau im grossen Stil", sagte der SPD-Politiker. "Wir müssen mehr und anders bauen." Er wolle in Deutschland keine Verhältnisse, "wo erst Einwohner mit niedrigen und dann immer mehr auch Frauen und Männer mit mittleren Einkommen regelrecht aus den Städten gedrückt werden."
Bauministerin Klara Geywitz betonte die Bedeutung der Bauindustrie in Zeiten einer schwachen Konjunktur: "Deutschland hat ein Problem mit dem Wirtschaftswachstum und wenn die Bauwirtschaft nicht wieder ins Wachstum kommt, dann wird das mit dem Gesamtwirtschaftswachstum auch nicht werden." Die Branche dürfe jedoch nicht nur auf staatliche Subventionen setzen. Möglich seien nur punktuelle Förderprogramme für Infrastruktur und Dinge, die sich allein nicht rechneten. "Aber wir müssen eigentlich uns zum Ziel setzen, dass wir in Deutschland für den Bereich der privaten Investitionen - und die sind riesig - es schaffen, dass wir wieder frei finanziert und rentierlich in einer absehbar schnellen Zeit bauen können."
Auch Lindner setzt auf private Investitionen statt öffentlicher Förderung. Das Gros der Investitionen in den Wohnungsbau müsse von privater Hand geleistet werden, sagte der FDP-Chef. Öffentliche Infrastruktur allerdings, also Brücken, Schienen, Strassen und Digitalisierung, sei Sache des Staates. Hier müssten hinreichende Mittel bereitgestellt werden. Um die Baubranche zu entlasten, dürften auch bereits hohe Standards für Energieeffizienz, Lärmschutz oder Brandschutz nicht weiter erhöht werden. Ausserdem dürfe der Staat über die Mietpreisbremse hinaus nicht zusätzlich das Mietrecht verschärfen.
Kanzler Scholz regte auch an, dass Unternehmen wieder mehr Wohnungen für ihre Mitarbeiter bauen könnten. "Das ist ja auch irgendwie ein wenig aus der Mode gekommen und ich hoffe, dass es ein bisschen anders wird", sagte Scholz. Dafür habe die Bundesregierung mit der neuen Wohngemeinnützigkeit gerade steuerliche Vorteile auf den Weg gebracht. "Jetzt müssen nur noch viele Unternehmen auf die Idee kommen, dass das vielleicht was mit dem HR (Humankapital) zu tun haben könnte." Das Kabinett hatte am Mittwoch Steuervorteile für sozial orientierte Unternehmen ermöglicht, die Wohnungen zu Mieten unter Marktniveau anbieten./tam/DP/stw