VELDHOVEN (awp international) - Der Chipausrüster ASML rechnet zwar nach einem Zuwachs im zweiten Quartal auch im laufenden Jahresviertel mit mehr Umsatz. Allerdings könnten ausgerechnet die guten Geschäfte in China negative Folgen haben. So könnte die US-Regierung eine Verschärfung der Exportkontrollen für bestimmte Chiptechnologien nach China anstreben, um Pekings Fortschritte bei der Halbleiterfertigung zu verlangsamen. Die Aktien fielen, obwohl das Unternehmen im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal deutlich mehr Aufträge an Land gezogen und die Schätzungen übertroffen hat.
An der Amsterdamer Börse Euronext fiel der ASML-Aktienkurs bis zum Mittag um 7 Prozent auf 908 Euro. Das ASML-Papier hatte erst kürzlich mit knapp 1.022 Euro eine Bestmarke erreicht. Seit Jahresbeginn steht immer noch ein Zuwachs an Börsenwert von rund einem Drittel zu Buche.
Für das dritte Quartal rechnet der Maschinenhersteller für Chipkonzerne mit einem Umsatz von 6,7 bis 7,3 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch in Veldhoven mitteilte. Analysten hatten im Mittel mehr auf dem Zettel. Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern aber weiterhin mit einem stagnierenden Umsatz, bevor das Unternehmen 2025 wieder zu starkem Wachstum zurückkehren soll.
Die Auftragslage untermauere den Geschäftsausblick auf 2025 und die starke Nachfrage aus China dauere an, schrieb Branchenexpertin Sara Russo vom Analysehaus Bernstein Research in einer ersten Reaktion. Die wichtigsten Kennziffern - Umsatz, Bruttomarge und Ergebnis je Aktie - seien im zweiten Quartal besser als erwartet ausgefallen, kommentierte Analyst Janardan Menon vom Investmenthaus Jefferies.
In den drei Monaten bis Ende Juni sammelte ASML Aufträge im Wert von fast 5,6 Milliarden Euro ein. Im ersten Quartal hatte der Auftragseingang bei 3,6 Milliarden gelegen. Experten hatten mit einer Erholung gerechnet - dabei aber im Schnitt einen Anstieg auf 4,4 Milliarden auf dem Zettel.
Die übertroffenen Schätzungen bei den Auftragseingängen verdankt ASML auch dem Boom der Künstlichen Intelligenz (KI). Dieser treibt die Nachfrage nach den Chipfertigungsmaschinen der Niederländer an.
ASML hat ein Monopol auf die Herstellung von Maschinen, welche die modernsten Halbleiter produzieren. KI-Anwendungen benötigen leistungsstarke Chips, das steigert kontinuierlich die Nachfrage bei ASML. Auch starke Ergebnisse von einigen der grössten Kunden von ASML wie beim weltgrössten Chiphersteller TSMC stützen die Nachfrage nach den Anlagen.
Die Handelspolitik der USA belastet jedoch das Geschäft von ASML auf dessen grösstem Markt China. Auf Druck der USA hatten die Niederlande Anfang des Jahres die Ausfuhr einiger Maschinentypen von ASML nach China verboten. Etwa 15 Prozent des diesjährigen Umsatzes in China werden von den im Januar verhängten Ausfuhrbestimmungen betroffen sein, so das Unternehmen.
Die Zunahme der Exporte von ASML-Maschinen nach China könnte allerdings die Beziehungen der USA und der Niederlande belasten. So versuchen die USA Einfluss auf die Niederlande und auf Japan zu nehmen, da diese sich neuen Forderungen aus Washington in puncto Exportbeschränkungen für Chiptechnologie widersetzen. Daher könnten die USA bestimmte Massnahmen noch verschärfen, so die Befürchtung.
ASML ist als Spitzenreiter im Aktienindex Eurostoxx 50 mit einem Börsenwert von rund 385 Milliarden Euro das wertvollste börsennotierte Unternehmen der Eurozone. Der französische Luxusgüterkonzern LVMH bringt es als ärgster Verfolger auf rund 345 Milliarden Euro. Europaweit ist nur der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk mit umgerechnet rund 580 Milliarden Euro noch wertvoller als ASML./lfi/mne/jha/