GÖTTINGEN (awp international) - Der Labor- und Pharmazulieferer Sartorius hat nach einem schwachen ersten Halbjahr seine Ziele für 2024 gestutzt. Zwar ging es im zweiten Quartal leicht bergauf mit dem Umsatz, aber das reichte nicht, um die Jahresprognose aufrecht zu halten. Die Nachfragebelebung blieb verhalten, und auch die Aussichten auf den Rest des Jahres gestalten sich in schwierig. Konzernchef Joachim Kreuzburg kappte den Ausblick auf ein laut Konzern "bewusst vorsichtiges" Niveau. Analysten hatten zwar bereits mit einem Eindampfen der Ziele gerechnet, dem Unternehmen aber doch noch mehr zugetraut.
Die im Dax notierte Vorzugsaktie brach am Freitag um gut 16 Prozent auf 207,10 Euro ein. Die Papiere hatten im bisherigen Jahresverlauf bereits spürbar nachgegeben, sich zuletzt aber zumindest etwas erholt und dabei von der Hoffnung auf wieder besser laufende Geschäfte profitiert. Diese Hoffnungen wurden nun enttäuscht.
2024 steht damit wieder ein Kursverlust von rund 38 Prozent auf dem Zettel. Die Göttinger sind damit das Schlusslicht im Leitindex Dax. Die Rekordstände von über 600 Euro zu den Zeiten der Covid-Pandemie waren ohnehin in weite Ferne gerückt.
Die neuen Ziele 2024 schienen nun angesichts der grossen Gewinnwarnung zwar ohne wesentliches Risiko erreichbar, schrieb Deutsche-Bank-Analyst Falko Friedrichs. 2025 jedoch bleibe eine "Black Box" für die Anleger. Die Dynamik im Auftragseingang sei nach wie vor schwach. Auch die Mittelfristziele 2028 sind für den Experten in Gefahr. Matthew Weston von der UBS verwies darauf, dass das dritte Quartal wohl wie das erste Halbjahr verlaufen dürfte, was das Schlussquartal zum entscheidenden Zeitraum für die Jahresprognose mache. Die erwartete Geschäftserholung im Juni sei nicht zu sehen gewesen.
Mit der Formulierung eines nun "bewusst vorsichtigen" Ausblicks wolle der Konzern "keine Fantasie erzeugen", sagte Sartorius-Chef Kreuzburg in einer Pressekonferenz. Die derzeitige Bandbreite der Ziele sei das, was man angesichts der Unsicherheiten vorhersehen könne.
Statt eines währungsbereinigten Umsatzanstiegs im mittleren bis oberen einstelligen Prozentbereich peilt Kreuzburg 2024 jetzt ein Abschneiden in etwa auf Vorjahresniveau an, wie der Konzern bereits am Vorabend nach Börsenschluss mitteilte. Dabei gibt das Management eine Bandbreite von einem Rückgang im niedrig einstelligen Prozentbereich bis zum niedrig einstelligen Wachstum als Ziel aus. Analysten hatten zwar mit einer Prognosesenkung gerechnet, dem Unternehmen aber im Schnitt zuletzt noch ein Wachstum von 4 Prozent zugetraut.
Bei der um Sondereffekte bereinigten Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen tritt Sartorius ebenfalls kürzer: Sie dürfte sich auf 27 bis 29 Prozent vom Umsatz belaufen, statt etwas über 30 Prozent zu landen. Auch hier klammert Sartorius Wechselkurseffekte aus.
"Mittel- und langfristig bleiben die Megathemen Gesundheit und Biotechnologie starke strukturelle Treiber für unseren profitablen Wachstumskurs, daran hat die pandemiebedingt erhöhte Volatilität nichts geändert", sagte Kreuzburg. Besonders viel Schub erhofft sich der Manager vom hohen Niveau der Marktzulassungen und den vollen Produktpipelines der Kunden, insbesondere im Bereich von Zell- und Gentherapien.
Dennoch könnte die Biopharmaindustrie künftig schwankungsanfälliger bleiben als zuvor, merkte der langjährige und im kommenden Jahr abtretende Konzernchef in der Pressekonferenz an. Die Branche habe lange Zeit vergleichsweise stabil gewirtschaftet. In der Pandemie hatte Sartorius dann von einer Bestellflut der Pharmabranche profitiert. Die Kunden hätten aus Sorge vor Knappheiten mehr bestellt, als sie brauchten, sagte Kreuzburg. Das wirke sich jetzt in den Jahren nach der Pandemie aus.
Sartorius versorgt in der Sparte Bioprocess Solutions - vorwiegend über die französische Tochter Sartorius Stedim Biotech - Kunden mit Verbrauchsmaterialien für die Herstellung von Biotech-Medikamenten, Impfstoffen sowie Zell- und Gentherapeutika. Die Stedim-Aktien fielen in Paris ebenfalls deutlich um mehr als 15 Prozent. In der Laborsparte (Lab Products & Services) stattet der Konzern vor allem Pharmalabore mit Instrumenten, Materialien und Software aus. Die Verbrauchsmaterialien sind die grössere Sparte.
In den Monaten April bis Juni legte der Konzernerlös zwar zu, doch das reichte wegen des schwachen Jahresbeginns nicht aus, um es auf Halbjahressicht in den Wachstumsbereich zu schaffen. So ging der Umsatz in den ersten sechs Monaten um 3,2 Prozent auf 1,68 Milliarden Euro zurück.
Der seit langem belastende Lagerabbau bei den Kunden sei in der Sparte mit Verbrauchsmaterialien fortgeschritten, hiess es. Der Auftragseingang in dem Geschäft wuchs denn auch um fast 11 Prozent. Allerdings werde die insgesamt anziehende Nachfrage durch die branchenweit anhaltende Investitionszurückhaltung gedämpft. Auch in der Laborsparte bremste das den Konzern, hinzu kamen hier die Schwierigkeiten in China. Der Trend im Auftragseingang sei positiv gewesen - dennoch fiel er knapp 3 Prozent geringer aus als im Vorjahreszeitraum.
Das bereinigte operative Ergebnis des Konzerns ging vor allem wegen Mengen- und Mixeffekten um fast 9 Prozent auf 471 Millionen Euro zurück. Das bereinigte Nettoergebnis fiel um rund ein Viertel auf gut 148 Millionen Euro./men/nas/mis