Mühleberg BE (awp) - Die BKW will das Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Mühleberg auch nach dem Rückbau für die Energieversorgung nutzen. Langfristig ist sogar ein neues Grosskraftwerk denkbar.
Eine blosse Umwandlung des Areals in eine grüne Wiese wäre nicht zielführend, sagte BKW-Chef Robert Itschner am Donnerstag an einem Medienanlass in Mühleberg anlässlich des fünften Jahrestags der Stilllegung des Atommeilers. "Wir möchten das Potenzial dieses Standorts nutzen und sinnvolle Lösungen für die nachhaltige Energieversorgung der Schweiz entwickeln."
Die BKW hat noch bis Ende 2027 Zeit, beim Bundesamt für Energie (BFE) ein Gesuch für die Nachnutzung des Geländes einzureichen. Mit dem Kanton Bern würden nun Konsultationsgespräche geführt, teilte der Energiekonzern in einer Mitteilung mit. Verschiedene Optionen für eine "energietechnische" Nutzung sollen geprüft werden.
"Idealer Ort"
Das Gebiet vom Wasserkraftwerk Mühleberg bis zum Kernkraftwerk sei dafür ein idealer Standort: grosses Areal und "hervorragende" Anbindung an das Hochspannungsnetz. Mittelfristig wäre zum Beispiel ein Batteriespeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes möglich, allenfalls in Kombination mit einem Rechenzentrum, hiess es von der BKW. Längerfristig - über die Energiestrategie 2050 des Bundes hinaus - seien in Mühleberg weitere Optionen wie etwa CO2-arme Grosskraftwerke denkbar.
Mit Blick auf die langfristige Stromversorgung in der Schweiz wird in der Energiebranche immer wieder über den Bau von Winter-Reservekraftwerken diskutiert. Etwa CO2-arme Gaskraftwerke, die mit erneuerbarem Gas betrieben werden können, sollen dann im Notfall idealerweise nur wenige Tage laufen. Aber auch der Neubau von Atomkraftwerken ist ein Thema: Bundesrat Albert Rösti will das AKW-Bauverbot in der Schweiz kippen und hat eine entsprechende Vorlage angekündigt.
Das Kernkraftwerk Mühleberg wurde am 20. Dezember 2019 nach 47 Betriebsjahren stillgelegt. Das Aus hatte vor allem betriebswirtschaftliche Gründe: Das damalige BKW-Management unter der früheren Chefin Suzanne Thoma entschied, dass der Meiler zu wenig Profit abwirft, als dass sich die - nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima - geforderten Aufrüstungen gelohnt hätten. Für einen Weiterbetrieb hätte man schätzungsweise zehnmal so viel investieren müssen wie für eine Bewilligung bis 2019.
Keine ausgedienten Brennelemente mehr
Heute arbeiten immer noch wie bei der Abschaltung rund 300 Mitarbeiter für das Kernkraftwerk Mühleberg. Sie sind nun für den Rückbau verantwortlich. Dieser sei sowohl zeitlich als auch finanziell auf Kurs, hiess es bei der BKW am Donnerstag. Die Kosten waren vom Konzern auf fast 1 Milliarde Franken geschätzt worden.
Dauern wird der Rückbau insgesamt 15 Jahre. Erst ab 2034 rechnet die BKW damit, dass das Gelände wieder genutzt werden kann. Seit Anfang September 2023 sei das Kernkraftwerk aber bereits "kernbrennstofffrei".
Mit 66 Transporten wurden den Angaben zufolge zuvor während zwei Jahren insgesamt 418 ausgediente Brennelemente ins Zwischenlager nach Würenlingen gebracht. Das Schneiden und Verpacken der stark aktivierten Steuerstäbe wurde daraufhin im Oktober 2024 abgeschlossen. Der nukleare Rückbau werde Ende 2031 abgeschlossen sein. Das werde ein Meilenstein - denn das Kernkraftwerk stelle dann keine radiologische Gefahrenquelle mehr dar, so die BKW. Danach kann dann der konventionelle Rückbau beginnen.
Die BKW befindet sich zu gut 52 Prozent und damit mehrheitlich im Eigentum des Kantons Bern. Die Aktie ist zudem an der Schweizer Börse kotiert mit einem Streubesitz von 37 Prozent.
ys/tp