Stans (awp) - Mit der Übernahme des norwegischen Mitbewerbers Crayon Group sucht SoftwareOne den Befreiungsschlag. Der bisher von den Gründungsaktionären angestrebte Rückzug von der Börse scheint damit vorerst vom Tisch zu sein.
Der IT-Dienstleister SoftwareOne will Crayon übernehmen und offeriert den Crayon-Aktionären dafür gut 1 Milliarde Franken in Cash und in eigenen Aktien. Die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen unterstützen die Offerte einstimmig. Auch die Gründungsaktionäre der beiden Firmen haben ihre Unterstützung bereits bekundet.
Damit der Deal wie geplant im dritten Quartal 2025 abgeschlossen werden kann, müssen jedoch die SoftwareOne-Aktionäre an einer Generalversammlung im Frühjahr 2025 noch einer Kapitalerhöhung zustimmen. Bis zu 72 Millionen neue Aktien sollen geschaffen werden, was rund einem Drittel des gesamten neuen Aktienkapitals entsprechen würde. Zwei Drittel der Aktionäre müssen zustimmen.
SoftwareOne ist mehr als doppelt so gross wie Crayon. Zusammen werden die Firmen bei einem Umsatz von rund 1,6 Milliarden Franken rund 13'000 Personen beschäftigen. Das fusionierte Unternehmen wird mit seinen mehr als 70 Standorten zu einem der grössten Anbieter für Software- und Cloud-Lösungen weltweit werden. Schwerpunktmässig sind beide Unternehmen dabei auf den Vertrieb von Microsoft-Lösungen fokussiert.
Nach der Fusion sollen sich die bisherigen Firmenchefs Raphel Erb (SoftwareOne) und Melissa Mulholland (Crayon) die Führung als Co-CEOs teilen. Der Hauptsitz bleibe in Stans.
Deutliche Synergien angestrebt
Zuletzt liefen die Geschäfte von SoftwareOne nicht mehr rund. In einer Gewinnwarnung Ende Oktober senkte das Unternehmen seine Jahres- und Mittelfristziele zum Teil deutlich. Firmenchef Brian Duffy verliess das Unternehmen Hals über Kopf. Der Aktienkurs halbierte sich nach der Ankündigung. Analysten stellten daraufhin auch zunehmend das Geschäftsmodell des Unternehmens in Frage.
Durch die Fusion mit Crayon will SoftwareOne nun das Ruder wieder rumreissen. Das Unternehmen erhofft sich vor allem Synergien und neue Impulse für weiteres Wachstum. "Es war der richtige Entscheid, unsere Kräfte zu bündeln", warb daher SoftwareOne-Chef Erb am Donnerstag an einer Analystenkonferenz für das Vorhaben.
Insbesondere geographisch würden die Firmen sich sehr gut ergänzen. So sei Crayon in Nordamerika und SoftwareOne dafür im deutschsprachigen Raum sehr stark vertreten. Durch den Zusammenschluss würden die Unternehmen zudem ihre Aktivitäten im asiatisch-pazifischen Raum nahezu verdoppeln.
Das fusionierte Unternehmen könne nun in einigen Märkte eine "kritische Masse" erreichen und würden damit auch relevanter, sagte Crayon-Chefin Mulholland. Auch auf der Angebotsseite würden die Unternehmen gut zusammenpassen.
Mit den erhofften Synergien sollen auch grössere Einsparungen einhergehen. So rechnet SoftwareOne damit, die laufenden Kosten in den 18 Monaten nach Abschluss der Transaktion um 80 bis 100 Millionen Franken senken zu können, zusätzlich zu den bereits angekündigten 50 Millionen. Diese Einsparungen würden die erwarteten Implementierungskosten der Fusion in etwa ausgleichen.
Aktienkurs legt deutlich zu
An der am Berichtstag ingesamt sehr schwachen Börse kamen die Pläne von SoftwareOne gut an. Die Papiere schlossen um 7 Prozent im Plus auf 6.27 Franken. Allerdings haben die Aktien in diesem Jahr auch deutlich an Wert verloren. So kosteten sie vor der Gewinnwarnung im Oktober noch knapp 13 Franken und zu Jahresbeginn über 16 Franken.
Die Aktien von Crayon reagierten mit Abschlägen von gut 4 Prozent auf 129,5 Norwegische Kronen. Da SoftwareOne 144 Kronen bietet, bringt diese Reaktion eine grosse Unsicherheit zum Ausdruck, ob der Deal tatsächlich zustande kommen wird.
Mit der Fusion scheint zunächst auch der Plan vom Tisch, SoftwareOne von der Börse zu nehmen. Dies hatte ursprünglich eine Gruppe von Gründungsaktionären um den amtierenden Verwaltungsratspräsidenten Daniel von Stockar angestrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, hatten diese er an der Generalversammlung Anfang Jahr den Verwaltungsrat fast vollständig ausgetauscht. Eine Hintertür für ein Going-Private zu einem späteren Zeitpunkt lässt der Verwaltungsrat sich jedoch offen.
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