Zürich (awp) - Die Schweizer Aktienbörse reagiert am Freitag im Einklang mit anderen Handelsplätzen mit fallenden Kursen auf die Eskalation im Nahen Osten und den dadurch steigenden Ölpreis. "Die Sorgen vor einer Ausbreitung des Konflikts und dessen Auswirkungen auf die globale Konjunktur entladen sich in den Notierungen", sagt ein Marktexperte. Nach einem schwachen Start kann sich der Leitindex SMI aber wieder von den Tiefstkursen lösen und sich auf dem tieferen Niveau stabilisieren. Nach dem ersten Schrecken hätten sich die Märkte wieder beruhigt, sagt ein Händler. Es sei keine Panik bei den Anlegern festzustellen. "Wir wissen ja, politische Börsen haben in der Regel nur kurze Beine."
Wie es weitergehe, hänge stark davon ab, ob und wie stark der Konflikt noch eskaliere. "Es lässt sich unmöglich sagen, wie sich die Situation in den kommenden Tagen entwickelt. Auf jeden Fall ist das eine grosse Eskalation, die uns deutlich näher an einen ausgewachsenen Krieg im Nahen Osten bringt", kommentiert die Commerzbank. Israel hatte in der Nacht Irans Atomanlagen angegriffen. Darauf schlug die Islamische Republik mit Drohnen zurück. Dass der von den USA losgetretene Handelsstreit gar noch ausweiten könnte, trage ebenfalls zur Verunsicherung der Anleger bei. "Es ist Risk off angesagt", meint ein Händler. Dafür sind sichere Häfen wie Gold oder der Franken stark gefragt.
Der SMI notiert nach einem Tagestief auf 12'131 Punkten um 11.10 Uhr um 1,07 Prozent tiefer bei 12'191,80 Zählern. Damit steuert der SMI auf einen Wochenverlust von rund 1,5 Prozent zu. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt um 1,16 Prozent auf 1987,28 und der breite SPI um 0,99 Prozent auf 16'837,76 Punkte. 28 SLI-Werte stehen im Minus, einer (ABB) legt leicht zu und der PS von Lindt & Sprüngli ist stabil.
Dass die Nervosität am Markt zugenommen hat, zeigt auch der SMI-Volatilitätsindex. Das Angstbarometer der Börse ist um 6,4 Prozent auf 14,97 Punkte gestiegen, steht damit aber noch klar unter dem Jahreshoch vom 10. April von gut 35 Zählern.
Die stärksten Kursabschläge verzeichnen Luxusgüterwerte wie Richemont (-3,3%) und Swatch (-2,1%). Aber auch Anteile aus dem Reisebereich wie Avolta (-3,0%) und des Flughafen Zürich (-2,8%) geben deutlich nach. Ein Händler verweist dabei auf einen Kommentar der Bank Vontobel. Darin rät der Vermögensverwalter wegen der jüngsten geopolitischen Entwicklungen von Investments in "Wohlfühlsektoren" wie Luxus oder Freizeit ab.
Unter den grösseren Verlierern sind zudem zyklische Werte wie Sika, Holcim und Adecco mit Einbussen von bis zu 2,3 Prozent zu finden. Aber auch Banken wie UBS (-1,9%) und Julius Bär (-1,8%) oder Partners Group (-2,3%) sowie die Versicherer Swiss Life und Swiss Re büssen mehr als ein Prozent ein. Auch Technologietitel wie Logitech (-1,5%), VAT (-0,9%), Comet (-1,8%) und AMS Osram (-3,1) werden aus den Depots gekippt.
Besser als der Markt schlagen sich neben ABB (+0,1%) und Lindt & Sprüngli PS (unv.) die Titel von Swisscom (-0,2%) und der Gesundheitsfirmen Sandoz (-0,3%), Novartis (-0,4%) und Roche GS sowie Nestlé (je-0,7%).
Aber auch Kühne + Nagel (-0,3%) trotzen dem Trend, und dies obwohl das Geschäft des Logistikkonzerns unter den geo- und handelspolitischen Spannungen noch leiden dürfte, wie ein Händler sagt.
Deutlich im Minus stehen auch die Aktien von Sonova (-2,4% oder 6,20 Fr.). Allerdings werden sie ex-Dividende von 4,40 Franken gehandelt.
Auf den hinteren Rängen fallen Idorsia (+1,6%) positiv auf. "Seit der Bekanntgabe des CEO-Wechsels ist neuer Schwung in den Titel gekommen", sagt ein Händler und verweist darauf, dass mit Srishti Gupta bekanntlich die Frau von Novartis-CEO Vas Narasimhan die Führung des Unternehmens habe.
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